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 BIOGRAPHIE
neue musik zeitung

NEUE MUSIK ZEITUNG

neue musik zeitung (2000)

Unermüdliche Hingabe und Toleranz

Ein Porträt des Komponisten Peter Petkow aus dem DTKV-Landesverband Sachsen Anhalt


 
 

Als Komponist, Dirigent, Interpret und last but not least als engagiertes Vorstandsmitglied hat Peter Petkow seit 1991 ein gutes Stück Tonkünstler-Verbands- und Musikgeschichte in Sachsen-Anhalt mitgeschrieben. Der Komponist wurde vor fast 50 Jahren, am 15.10.1950, im bulgarischen Burgas geboren, einer Stadt mit „einer besonderen künstlerischen Atmosphäre“.

Peter Petkow, aus einer für Musik stark engagierten Familie stammend - sein Vater war als Chordirigent und Musikpädagoge tätig - kam schon frühzeitig mit Kunst und Musik in Berührung. Seine Kindheit und Jugend verlebte er in Bulgarien. Mit sieben Jahren bekam er ersten Klavierunterricht. Aufführungen mit Werken von Beethoven, Liszt, Tschaikowsky, die er mit seinem Vater besuchte, hinterließen bleibende Eindrücke. 1964 wurde er Schüler der Klavierklasse von Anna Balaschewa an der Spezialschule für Musik in Burgas. wo er zahlreiche Auftritte als Solist und Begleiter hatte. Neben seinem Hauptfach Klavier interessierten ihn die Fächer Kontrapunkt, Harmonielehre, Formenlehre und Theorie der Bulgarischen Volksmusik. Autodidaktisch befasste er sich mit den Partituren der Klassik und Romantik.

Erste Kompositionen, die 1966 am Anfang seiner Komponistenlaufbahn standen, wie beispielsweise seine dreisätzige Sinfonie, sind in der Sprache der Wiener Klassik geschrieben. Vom Erfolg ermutigt, wollte er sein musikalisch kompositorisches Schaffen fortsetzen und studierte von 1969 bis 1975 an der Musikhochschule in Sofia Komposition, Dirigieren und Musikwissenschaft. Er gehörte der Komponistenklasse von Professor Marin Goleminow (1908-2000) an, der Schüler von Vincent d‘Indy, Carl Ehrenberg und Joseph Haas war. Während des Studiums beeinflussten Petkow Klangelemente der französischen Orchestrierung besonders im Stile d‘Indys und formbildende Elemente der deutschen Musik, die ihm durch seine Lehrer vermittelt wurden. Diese Elemente sind in der Sonatine Concertante für Klarinette und Klavier (P.J. Tonger Musikverlag Köln) hörbar.

Nach dem Studium lehrte Petkow bis 1979 an der Spezialschule für Musik in Burgas Klavier und Korrepetition. Gleichzeitig sammelte er wichtige Erfahrungen als Dirigent mit dem Chor des in Bulgarien bekannten, erfolgreichen Ensembles „A. Mantschew“. Danach unterrichtete er an der Volksmusik-Fachschule in Schiroka Lyka Harmonielehre, Kontrapunkt, Formenlehre, Instrumentenkunde und Klavier.

1980 verließ er seine bulgarische Heimat und ging in die ehemalige DDR, um seine „Erfahrungswelt im weitesten Sinne zu vergrößern.“ Über Zeitz, wo er drei Jahre lang als Solorepetitor am Theater wirkte, und Stendal - dort war er neun Jahre lang als Chordirektor am Theater der Altmark tätig - kam er 1992 nach Magdeburg. Als künstlerischer Mitarbeiter für Chor- und Ensemblearbeit sowie für Theorie und Tonsatz arbeitete er im Institut für Musik, zunächst an der Pädagogischen Hochschule, ab 1993 dann an der Otto-von-Guericke-Universität. Seit 1995 unterrichtet er als freier Mitarbeiter Studenten im Lehramts- und Magisterstudiengang in seinen Fächern.

1995 gründete Petkow das Akademische Orchester der Otto-von-Guericke-Universität, dem er bis 1998 als künstlerischer Leiter vorstand. Für dieses Orchester arrangierte oder bearbeitete er zahlreiche Werke unterschiedlicher Stilrichtungen für immer wieder wechselnde Besetzungen wie beispielsweise „Moonrise“ von Harold L Walters, das er für 6 Saxophone mit Orchester zur Aufführung brachte. Drei Tonkünstlerfeste (1995, 1996, 1997) gestaltete das Orchester unter Petkows Leitung erfolgreich mit und spielte bei stets wachsender künstlerischer Qualität sowohl Werke von Tonkünstlern des Landes als auch Werke, bei denen Tonkünstler als Solisten mitwirkten.

So heißt es unter anderem in einem Bericht des Münchner Komponisten Klaus Obermayer vom 7.1.1998, der sich auf das Tonkünstlerfest 1997 bezieht: „ …Was war mit dem Orchester los? Sollte das der Klangkörper sein, den ich zwei Jahre zuvor gehört hatte, und der damals von Herrn Petkow nur schwer auf „Tempo und Einheit“ gebracht werden konnte? Nun ein voller homogener Streicherklang - in allen Stimmen ausgewogen -‚ feinfühlig begleitend und vom Dirigenten hervorragend geführt. Ein junges Orchester, das auf dem Wege ist, sich einen Namen zu machen!“

In seinen Kompositionen entwickelt Petkow eine musikalische Sprache, die „ausdrückt, was alle berühren soll.“ Seine Musik ist indirekt dem heimatlichen Idiom verbunden. Auf der Basis von moderner individueller, verständlich nachvollziehbarer Harmonik und Melodik zeigen seine Kompositionen lyrisch pointierte Eigenart, Ernsthaftigkeit, aber auch teilweise Humor. Diese Eigenschaften bestimmen sein Œuvre, zu dem vorwiegend Kammermusik, Chorlieder nach Texten bulgarischer Autoren mit humanistischen Inhalten, ein Requiem, „Diphtong“, die „Wendesinfonie. Orgel-Variationen über einen altbulgarischen Choral von Ljubomir Pipkow, ein im Entstehen begriffenes Musical „Die Insel des Friedens“ gehören.

In den zum achten Tonkünstlerfest 1999 uraufgeführten Werken, den Orgel-Variationen und dem Streichquartett Nr. 3 (erscheint im k.o.m. bühnen- und musikverlag München), werden die genannten Stilmerkmale hörbar. Nach Vorbildern für das kompositorische Schaffen befragt, sagt der Komponist Petkow: „Ich habe sieben Lehrer. Es sind Schostakowitsch, Prokofieff, Bartok, Hindemith, Honegger, Britten und Strawinsky. Jeder von ihnen gibt mir immer wieder Anregung.“ So verwundert es nicht, dass Petkow derzeit neben „Cameriada“, einem suitenartigen Werk für Kammerorchester, in dem während des Ablaufes kleinere Ensembles gegenüber gestellt werden, an einer Suite für Klavier zu vier Händen, einer Hommage an Schostakowitsch anlässlich seines 25. Todestages im Jahr 2001 arbeitet. Als Materialgrundlage für das Werk dient die von Schostakowitsch wenig bekannte, aussagekräftige originalkomponierte Filmmusik, wobei die Auswahl, die Um- oder Zusammensetzung eine sehr subjektive sein wird. Auf diese Hommage an Schostakowitsch, die zum neunten Tonkünstlerfest erklingen wird, darf man gespannt sein.

Hinter allem steht bei Petkow eine unermüdliche Hingabe an die Musik und eine Toleranz gegenüber allen Kompositionsrichtungen. Intelligenz. Leichtigkeit, Freundlichkeit und Ernst prägen ihn und seine Musik. Der Komponist Petkow ist zudem ein geachteter überzeugender Interpret bei Begleitungen, und er ist ein emphatischer Musikant.

• Sigrid Hansen