Otto von Guericke
(1602-1686)
In das seit dem 14. Jahrhundert in Magdeburg ansässige Patriziergeschlecht Guericke wurde Otto Guericke am 30. November (laut neuem gregorianischen Kalender, d.h. am 20. November nach altem julianischem Kalender) 1602 hineingeboren.


Obwohl die Zukunft des Sohnes als Magdeburger Ratsherr sowie als Verwalter und Vermehrer des Familienbesitzes vorgezeichnet war, legte sein Vater, Hans Guericke, der selbst viele Jahre in ausländischen Diensten verbrachte, großen Wert auf eine sorgfältige, umfassende und weltgewandte Erziehung seines Sohnes. Bis zum 15. Lebensjahr besuchte Otto Guericke die städtische Schule Magdeburgs und erhielt zusätzlich weiterführenden Unterricht durch Hauslehrer. Unmittelbar im Anschluss daran setzte er seine Ausbildung mit dem Studium der artes liberales in Leipzig fort. Wegen des 1618 in Böhmen ausbrechenden Krieges holten ihn die besorgten Eltern aus Leipzig zurück, und er setzte „sein Grundstudium" an der Universität Helmstedt fort.
Zwischen 1621 und 1623 war der junge Guericke in Jena und anschließend drei Jahre in Leiden an der juristischen Fakultät eingeschrieben, entdeckte aber in Holland seine Neigung für die „Ingenieurwissenschaften" und beschäftigte sich dort deshalb vorwiegend mit Mathematik und Festungsbau. Daneben studierte er moderne Sprachen: Französisch, Englisch und Holländisch. Als der so gut ausgebildete Guericke 1626 nach Magdeburg zurückkehrte, wurde er sogleich ins Ratskollegium aufgenommen und auch privat begann nun das normale Leben eines Magdeburger Patriziers. Er heiratete Margarethe Alemann, Tochter des obersten Beisitzers des Magdeburger Schöffenkollegiums.
Die entscheidende Wende im Leben der inzwischen fünfköpfigen Familie Guericke brachte die Einnahme Magdeburgs 1631 durch die kaiserlichen Truppen unter Tilly. Große Teile der Stadt wurden zerstört, die Einwohner ermordet oder misshandelt, Geschäfts- und Privathäuser geplündert.

Das Ratsmitglied Guericke rettete durch gute Kontakte zum kaiserlichen Lager und hohe Lösegelder zwar seine gesamte Familie, aber die materiellen Verluste waren so dramatisch, dass das Familienoberhaupt sich in Lohnarbeit begeben musste. Aufgrund seiner guten Ausbildung war ihm das ohne weiteres möglich - er wurde besoldeter Ingenieur der Stadt Magdeburg, der bei den jeweiligen Besetzern in Lohn und Brot stand.
So fertigte er zunächst für den schwedischen König einen Grundriss der zerstörten Stadt an und führte dessen Auftrag aus, die Festungswerke und Brücken Magdeburgs wieder instand zu setzen. Die 1636 einrückenden kursächsischen Truppen übernahmen Guericke in seiner Funktion, allerdings setzten auch sie seinen Plan zum großzügigen Wiederaufbau der Stadt nicht um, sondern hatten nur Interesse am Wiederaufbau der strategischen Bauten.
Anfang der 1640er Jahre begann die Karriere Guerickes als Diplomat im Dienst der Stadt Magdeburg. Bei Kurfürst Johann Georg I. erwirkte er 1642 Erleichterungen für die schwer geprüfte Stadt, später handelte er sogar den völligen Abzug fremder Truppen bei Sachsen und Schweden aus. 1645 wurde Guericke zu einem der vier Bürgermeister der Stadt gewählt. In dieser Funktion vertrat er vom Oktober 1646 bis August 1647 Magdeburg auf dem Friedenskongress in Osnabrück und Münster.
Während der zahlreichen Reisen verkürzte sich Guericke die lange Zeit des Wartens auf den Reichszusammenkünften mit Experimenten zum leeren Raum und wie dieser hergestellt werden könnte. So baute er aus dem Rohr einer Feuerwehrspritze die erste Pumpe, mit der es gelang, in Gefäßen ein Vakuum zu erzeugen. Einige seiner Experimente führte er 1654 am Ende des Regensburger Reichstages Kaiser Friedrich III. und den anwesenden Fürsten vor.

Bei seinen Vorführungen evakuierte er mittels der Pumpe ein Glasgefäß und demonstrierte das Gleichgewicht zwischen Wassersäule und Luftdruck. Diese Demonstrationen erregten großes Aufsehen und machten Guericke weithin bekannt. In der Folgezeit arbeitete er an der Verbesserung von Luftpumpe und Barometer sowie an der Erfindung des eindrucksvollsten Experiments zur Verdeutlichung des Luftdruckes: den Magdeburgern Halbkugeln. 1657 fand diese Demonstration erstmals in Magdeburg statt.
In seiner Heimatstadt verblasste inzwischen langsam die Erinnerung an Guerickes Verdienste um die Stadt, zumal inzwischen eine jüngere Generation von Ratsherren die Mehrheit bildete. Die ihm 1649 verliehene Immunität stand zunehmend in der Kritik, so dass er sich gezwungen sah, sie vom Kaiser erneut bestätigen zu lassen. Dieser erhob ihn darüber hinaus in den erblichen Adel, und er durfte sich „von Guericke" nennen. Als Guericke und seine zweite Frau 1681 wegen der herannahenden Pest von Magdeburg nach Hamburg zu ihrem Sohn Otto übersiedelten, war er schon fünf Jahre lang nicht mehr Bürgermeister von Magdeburg, verbittert hatte er 1676 sein Amt niedergelegt. Nach seinem Tod am 21. Mai 1686 in Hamburg wurde sein Leichnam dennoch nach Magdeburg überführt und in der Kirche St. Johannis beigesetzt.



http://www.mdr.de/sachsen-anhalt/magdeburg/130242-hintergrund-6601629.html




Otto von Guericke