Otto I., der Große (* 23. November 912 in Wallhausen bei Sangerhausen; † 7. Mai 973 in Memleben bei Naumburg an der Saale) aus dem Geschlecht der Liudolfinger war ab 936 Herzog von Sachsen und König des Ostfrankenreiches (regnum francorum orientalium), ab 951 König von Italien und ab 962 römisch-deutscher Kaiser.
Otto setzte während der ersten Hälfte seiner langen Herrschaftszeit die Unteilbarkeit des Königtums, seine Entscheidungsgewalt in der Nachfolgefrage und einen Wandel der Machtstruktur durch: Durch eine geschickte Heiratspolitik und Personalentscheidungen besetzte er die Herzogtümer mit seinen Verwandten und griff damit tief in das bestehende Herrschaftsgefüge des Adels ein. Aus den Aufständen, in denen sich die Erbberechtigten gegen Konkurrenz später geborener Kinder wehrten, ging Otto als Sieger hervor. Die Herzöge, die vormals nahezu gleichwertige Vertreter der Stämme gewesen waren, wurden nunmehr zu königlichen Amtsträgern. Auch stärkte Otto die Reichskirche als wesentliche königliche Machtbasis und unterwarf sie seiner Kontrolle.
Durch seinen Sieg 955 über die Ungarn endeten nicht nur deren Invasionen, sondern auch die Erhebungen der Großen des Reiches gegen den König. Zudem erlangte er damit den Nimbus eines Retters der Christenheit, zumal ihm noch im selben Jahr ein Sieg über die Slawen gelang. In der Folge setzte eine kulturelle Blütezeit ein, die als Ottonische Renaissance bekannt wurde.
961 eroberte er das Königreich Italien und dehnte sein Reich nach Norden, Osten und bis nach Süditalien aus, wo er in Konflikt mit Byzanz geriet. Unter Rückgriff auf die Kaiseridee Karls des Großen ließ er sich dennoch 962 von Papst Johannes XII. in Rom zum Kaiser krönen, und schließlich gelang ihm sogar ein Ausgleich mit dem byzantinischen Kaiser und die Verehelichung seines Sohnes Otto II. mit dessen Nichte Theophanu.
Im Jahr 968 gründete er ein Erzbistum in Magdeburg, jener Stadt, die wie keine zweite mit seinem Nachleben verbunden ist. Das Erzbistum war für Otto die entscheidende Voraussetzung für die Christianisierung der Slawen.
Der Beiname der Große gilt spätestens seit dem mittelalterlichen Geschichtsschreiber Otto von Freising als festes Namensattribut. Schon Widukind von Corvey nannte ihn caput mundi, das „Haupt der Welt“.



Rom und Magdeburg: Die letzten Jahre
Nach der vorläufigen Ordnung der Verhältnisse kehrte Otto im Winter 965 in den nördlichen Reichsteil zurück. Sein Zug wurde von mehreren großen Hoffesten begleitet. Um der Hoffnung auf dynastische Kontinuität Ausdruck zu verleihen, wurde am 2. Februar in Worms, der Stätte der Königswahl Ottos II, der Jahrestag der Kaiserkrönung gefeiert. Wenige Wochen später beging Otto in Ingelheim das Osterfest. Ein großer Hoftag in Köln, bei dem nahezu alle Mitglieder der Kaiserfamilie anwesend waren, bildete hierbei den Höhepunkt.
Doch die Ruhe in Italien war trügerisch. Adalbert, der Sohn Berengars, kämpfte erneut um die Königskrone Italiens, so dass Otto den Herzog Burkhard von Schwaben gegen ihn entsenden musste, der seine Aufgabe mit Erfolg erledigte.
Nun konnte Otto seine Pläne zur Gründung des Erzbistums Magdeburg weiter verwirklichen und traf Ende Juni eine weitreichende Entscheidung. Nach dem Tod des Markgrafen Gero, der seit 937 die Hauptlast der Kämpfe an der Slawengrenze getragen hatte, entschloss sich der Kaiser, die Markgrafschaft in sechs neue Herrschaftsgebilde zu zerlegen. Die drei südlichen deckten sich in etwa mit den Sprengeln der späteren Bistümer Merseburg, Zeitz und Meißen. Der Tod Bruns am 11. Oktober 965 beraubte Otto jedoch einer Person, die sich seit ihren Anfängen in der Hofkapelle immer als loyaler Helfer des königlichen Bruders verstanden hatte.
Am 1. Oktober wurde Papst Johannes XIII. unter Billigung des ottonischen Hofes zum Nachfolger des inzwischen verstorbenen Leo VIII. gewählt. Doch bereits zehn Wochen später wurde er von den Stadtrömern gefangen genommen und in Kampanien inhaftiert. Veranlasst durch seinen Hilferuf zog Otto erneut nach Italien. Er sollte die nächsten sechs Jahre dort verbringen.
In Worms regelte Otto im August 966 die Vertretung während seiner Abwesenheit: Erzbischof Wilhelm sollte für das Reich, Herzog Hermann für Sachsen verantwortlich sein. Dann zog er mit einer Heeresmacht über Chur nach Italien. Die Rückführung des Papstes verlief am 14. November 966 ohne Widerstand. Die zwölf Anführer der römischen Miliz, die den Papst gefangengenommen und misshandelt hatten, wurden von Kaiser und Papst mit dem Tod am Kreuz bestraft. Im Jahr 967 reisten Kaiser und Papst Johannes XIII. nach Ravenna und feierten dort das Osterfest. Auf einer darauffolgenden Synode wurde die Magdeburg-Frage erneut verhandelt. In einer Papsturkunde[39] wurde, anders als in der Vorurkunde von 962, der Umfang der geplanten Kirchenprovinz näher definiert. Magdeburg sollte zum Erzbistum erhoben und diesem die Bistümer Brandenburg und Havelberg aus der Mainzer Diözese zugeordnet werden, außerdem sollten in Merseburg, Meißen und Zeitz neue Bistümer errichtet werden. Allerdings bedurfte es zur Verwirklichung der neuen Bistumsorganisation weiterhin der Zustimmung des Bischofs von Halberstadt sowie des Mainzer Metropoliten, und Bernhard von Hadmersleben (923 bis 968), Bischof von Halberstadt, hatte bis zu seinem Lebensende die Zustimmung zur Errichtung der Magdeburger Kirchenprovinz verweigert.



Nachdem in den ersten Monaten des Jahres 968 Bischof Bernhard von Hadmersleben, Erzbischof Wilhelm von Mainz und Königin Mathilde verstorben waren, konnten Ottos Pläne der Gründung Magdeburgs weiter Gestalt annehmen. Die Nachfolger der verstorbenen Bischöfe konnte der Kaiser vor der Investitur auf die Zustimmung zu seinen Plänen verpflichten. Er bestellte die Bischöfe Hatto von Mainz und Hildeward von Halberstadt zu sich nach Italien und erreichte von dem Halberstädter Bischof, dass Teile seiner Diözese an Magdeburg, andere an Merseburg abgetreten werden. Auch der Erzbischof Hatto gab seine Zustimmung zu der Unterstellung seiner Diözesen Brandenburg und Havelberg unter das neue Erzbistum Magdeburg. Jedoch wurde Otto in einem Brief mit nicht näher bekanntem Absender von seinem Kandidaten, dem Abt des Moritzklosters Richar, abgebracht, und er entsprach der Forderung, den Russenmissionar und Abt von Weißenburg, Adalbert, zum neuen Erzbischof von Magdeburg zu ernennen. Das neue Erzbistum Magdeburg diente vor allem der Ausbreitung des christlichen Glaubens und war von Anfang an die für Otto vorgesehene Grabstätte. Durch die schwierigen italienischen Verhältnisse konnte Otto allerdings die Errichtung des Erzbistums nicht persönlich miterleben. Erst im Frühjahr 973, viereinhalb Jahre nach ihrer Gründung, hat Otto die erzbischöfliche Metropole aufgesucht.[40]
Parallel zu den Magdeburg-Plänen verlagerte Otto seit Februar 967 seinen Aktionsradius in den Raum südlich von Rom. Auf Zügen nach Benevent und Capua nahm er von den dortigen Herzögen Huldigungen entgegen. Da Byzanz die Oberhoheit über diese Gebiete beanspruchte und seine Herrscher sich als einzige legitime Träger des Kaisertitels sahen, verschärften sich die Konflikte mit Kaiser Nikephoros Phokas, der Otto vor allem seine Kontaktaufnahme mit den Herzögen von Capua und Benevent übel nahm. Dennoch scheint der Byzantiner zunächst bereit gewesen zu sein, auf Frieden und Freundschaft einzugehen, woran auch Otto gelegen war, der überdies an eine purpurgeborene byzantinische Prinzessin als Braut für seinen Sohn und Nachfolger dachte. Otto versprach sich von der Eheverbindung mit der ruhmreichen makedonischen Dynastie offensichtlich Legitimation und Glanz für seinen Sohn und sein Haus. Um seine dynastischen Pläne zu fördern, forderte Otto in einem gemeinsam mit dem Papst verfassten Schreiben seinen Sohn auf, im Herbst 967 nach Rom zu reisen, um mit ihnen Weihnachten zu feiern.
Die Erhebung des jungen Otto dürfte mit der Einladung beschlossen gewesen sein.[41] Der Vater reiste ihm bis Verona entgegen. Drei Meilen vor der Stadt wurden Otto und sein Sohn von den Römern am 21. Dezember feierlich eingeholt, und am Weihnachtstag erhob Johannes XIII. Otto II. zum Mitkaiser. Die angestrebte Ehe sollte als Katalysator eine Klärung der offenen Fragen erzielen: des Zweikaiserproblems, sowie der Regelung des Herrschaftsbereichs in Italien im Rahmen eines Freundschaftsbündnisses, bei dem keine der Parteien einen Prestigeverlust hinnehmen musste. Als Folge spielten sich in den nächsten Jahren militärische Verwicklungen in Unteritalien parallel zum Gesandtschaftsverkehr ab. Um die Verhältnisse in Süditalien zu ordnen und um zu expandieren, erhoben Kaiser und Papst 969 das Bistum Benevent zum Erzbistum. Erst als Nikephoros 969 durch Johannes Tzimiskes ermordet und ersetzt wurde, ging der neue byzantinische Kaiser auf die Brautwerbung der Ottonen ein und sandte seine Nichte Theophanu, eine zwar nicht „purpurgeborene“, aber doch dem Kaiserhaus entstammende Prinzessin, nach Rom. Im Jahre 972, gleich nach der Hochzeit, wurde Theophanu am 14. April vom Papst zur Kaiserin gekrönt. Durch die Heirat Ottos II. mit Theophanu entspannten sich die Konflikte in den südlichen Teilen Italiens, die konkrete Neuordnung der dortigen Verhältnisse ist jedoch unbekannt. Nach den Hochzeitsfeierlichkeiten dauerte es nur wenige Monate, bis die kaiserliche Familie im August ins Reich zurückkehrte.



Nach seiner Rückkehr in das ostfränkische Reich fand im September 972 eine Synode in Ingelheim statt. Diese behandelte vor allem die Nachfolgeregelung von Bischof Ulrich von Augsburg. Bereits in Italien hatten Otto und Ulrich sich auf Ulrichs Neffen Adalberto geeinigt. Die Synode entschied jedoch zunächst gegen den designierten Kandidaten, da Ulrichs Neffe bereits offen den Bischofsstab trug. Gelöst wurde die Krisensituation durch einen Eid, mit dem Adalberto zu bestätigen hatte, dass er unwissentlich damit zum Ketzer geworden sei. Diese Entscheidung desavouierte deutlich die Zustimmung, die Otto der Große zu dem Plan gegeben hatte und verdeutlicht das Selbstbewusstsein des ottonischen Episkopats. Im Frühjahr 973 besuchte der Kaiser Sachsen und feierte den Palmsonntag in Magdeburg. Diese Feier in Magdeburg stellte zugleich eine Ordnung wieder her, die im Vorjahr provokativ in Frage gestellt worden war. Der Sachsenherzog Hermann hatte sich von Erzbischof Adalbert wie ein König einholen lassen. In Ottos Pfalz hatte er dessen Platz an der Tafel eingenommen und gar im Bett des Königs geschlafen und schließlich noch dafür gesorgt, dass dies dem Kaiser gemeldet wurde. In dieser Usurpation lag offenbar ein Protest gegen die lange Abwesenheit des Kaisers.[42]
Das Osterfest in Quedlinburg zeigte den Kaiser auf dem Höhepunkt seiner Macht. In Quedlinburg empfing er Gesandte aus Dänemark, Polen und Ungarn, aber auch aus Byzanz, Unteritalien und Rom, ja selbst aus Spanien.[43] Für die Bitttage und Christi Himmelfahrt gelangte Otto über Merseburg nach Pfalz Memleben, jenem Ort, an dem bereits sein Vater gestorben war. Hier erkrankte er schwer. Nach Fieberanfällen verlangte er die Sterbesakramente und starb am 7. Mai 973.
Der Übergang der Herrschaft auf seinen Sohn Otto II. erfolgte nahtlos, da die Nachfolge durch die Krönung Ottos II. bereits geregelt war. Am nächsten Tag bestätigten die anwesenden Großen den nun allein herrschenden Sohn in seinem Amt. Sein Vater wurde nach einem prunkvollen 30-tägigen Leichenzug in Anwesenheit der Erzbischöfe Adalbert von Magdeburg und Gero von Köln im Magdeburger Dom an der Seite seiner 946 verstorbenen Frau Edgith beigesetzt.



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