Fremd bin ich eingezogen, Fremd zieh' ich wieder aus. Der Mai war mir
gewogen Mit manchem Blumenstrauß. Das Mädchen sprach von Liebe, Die
Mutter gar von Eh', - Nun ist die Welt so trübe, Der Weg gehüllt in
Schnee.
Ich kann zu meiner Reisen Nicht wählen mit der Zeit, Muß selbst den Weg
mir weisen In dieser Dunkelheit. Es zieht ein Mondenschatten Als mein
Gefährte mit, Und auf den weißen Matten Such' ich des Wildes Tritt.
Was soll ich länger weilen, Daß man mich trieb hinaus ? Laß irre Hunde
heulen Vor ihres Herren Haus; Die Liebe liebt das Wandern - Gott hat
sie so gemacht - Von einem zu dem andern. Fein Liebchen, gute Nacht !
Will dich im Traum nicht stören, Wär schad' um deine Ruh'. Sollst
meinen Tritt nicht hören - Sacht, sacht die Türe zu ! Schreib im
Vorübergehen Ans Tor dir: Gute Nacht, Damit du mögest sehen, An dich
hab' ich gedacht.
Der Wind spielt mit der Wetterfahne Auf meines schönen Liebchens
Haus. Da dacht' ich schon in meinem Wahne, Sie pfiff den armen Flüchtling
aus.
Er hätt' es eher bemerken sollen, Des Hauses aufgestecktes Schild, So
hätt' er nimmer suchen wollen Im Haus ein treues Frauenbild.
Der Wind spielt drinnen mit den Herzen Wie auf dem Dach, nur nicht so
laut. Was fragen sie nach meinen Schmerzen ? Ihr Kind ist eine reiche
Braut.
Gefrorne Tropfen fallen Von meinen Wangen ab: Ob es mir denn
entgangen, Daß ich geweinet hab' ?
Ei Tränen, meine Tränen, Und seid ihr gar so lau, Daß ihr erstarrt zu
Eise Wie kühler Morgentau ?
Und dringt doch aus der Quelle Der Brust so glühend heiß, Als wolltet
ihr zerschmelzen Des ganzen Winters Eis !
Ich such' im Schnee vergebens Nach ihrer Tritte Spur, Wo sie an meinem
Arme Durchstrich die grüne Flur.
Ich will den Boden küssen, Durchdringen Eis und Schnee Mit meinen
heißen Tränen, Bis ich die Erde seh'.
Wo find' ich eine Blüte, Wo find' ich grünes Gras ? Die Blumen sind
erstorben, Der Rasen sieht so blaß.
Soll denn kein Angedenken Ich nehmen mit von hier ? Wenn meine
Schmerzen schweigen, Wer sagt mir dann von ihr ?
Mein Herz ist wie erstorben, Kalt starrt ihr Bild darin; Schmilzt je
das Herz mir wieder, Fließt auch ihr Bild dahin !
Am Brunnen vor dem Tore Da steht ein Lindenbaum; Ich träumt' in seinem
Schatten So manchen süßen Traum.
Ich schnitt in seine Rinde So manches liebe Wort; Es zog in Freud' und
Leide Zu ihm mich immer fort.
Ich mußt' auch heute wandern Vorbei in tiefer Nacht, Da hab' ich noch
im Dunkeln Die Augen zugemacht.
Und seine Zweige rauschten, Als riefen sie mir zu: Komm her zu mir,
Geselle, Hier find'st du deine Ruh' !
Die kalten Winde bliesen Mir grad' ins Angesicht; Der Hut flog mir vom
Kopfe, Ich wendete mich nicht.
Nun bin ich manche Stunde Entfernt von jenem Ort, Und immer hör' ich's
rauschen: Du fändest Ruhe dort !
Manche Trän' aus meinen Augen Ist gefallen in den Schnee; Seine kalten
Flocken saugen Durstig ein das heiße Weh.
Wenn die Gräser sprossen wollen Weht daher ein lauer Wind, Und das Eis
zerspringt in Schollen Und der weiche Schnee zerrinnt.
Schnee, du weißt von meinem Sehnen, Sag', wohin doch geht dein Lauf
? Folge nach nur meinen Tränen, Nimmt dich bald das Bächlein auf.
Wirst mit ihm die Stadt durchziehen, Muntre Straßen ein und aus; Fühlst
du meine Tränen glühen, Da ist meiner Liebsten Haus.
Der du so lustig rauschtest, Du heller, wilder Fluß, Wie still bist du
geworden, Gibst keinen Scheidegruß.
Mit harter, starrer Rinde Hast du dich überdeckt, Liegst kalt und
unbeweglich Im Sande ausgestreckt.
In deine Decke grab' ich Mit einem spitzen Stein Den Namen meiner
Liebsten Und Stund' und Tag hinein:
Den Tag des ersten Grußes, Den Tag, an dem ich ging; Um Nam' und Zahlen
windet Sich ein zerbroch'ner Ring.
Mein Herz, in diesem Bache Erkennst du nun dein Bild ? Ob's unter
seiner Rinde Wohl auch so reißend schwillt ?
Es brennt mir unter beiden Sohlen, Tret' ich auch schon auf Eis und
Schnee, Ich möcht' nicht wieder Atem holen, Bis ich nicht mehr die Türme
seh'.
Hab' mich an jedem Stein gestoßen, So eilt' ich zu der Stadt
hinaus; Die Krähen warfen Bäll' und Schloßen Auf meinen Hut von jedem
Haus.
Wie anders hast du mich empfangen, Du Stadt der Unbeständigkeit ! An
deinen blanken Fenstern sangen Die Lerch' und Nachtigall im Streit.
Die runden Lindenbäume blühten, Die klaren Rinnen rauschten hell, Und
ach, zwei Mädchenaugen glühten. - Da war's gescheh'n um dich, Gesell !
Kommt mir der Tag in die gedanken, Möcht' ich noch einmal rückwärts
seh'n. Möcht' ich zurücke wieder wanken, Vor ihrem Hause stille
steh'n.
In die tiefsten Felsengründe Lockte mich ein Irrlicht hin; Wie ich
einen Ausgang finde, Liegt nicht schwer mir in dem Sinn.
Bin gewohnt das Irregehen, 's führt ja jeder Weg zum Ziel; Uns're
Freuden, uns're Wehen, Alles eines Irrlichts Spiel !
Durch des Bergstroms trockne Rinnen Wind' ich ruhig mich hinab, Jeder
Strom wird's Meer gewinnen, Jedes Leiden auch sein Grab.
Nun merk' ich erst wie müd' ich bin, Da ich zur Ruh' mich lege; Das
Wandern hielt mich munter hin Auf unwirtbarem Wege.
Die Füße frugen nicht nach Rast, Es war zu kalt zum Stehen; Der Rücken
fühlte keine Last, Der Sturm half fort mich wehen.
In eines Köhlers engem Haus Hab' Obdach ich gefunden. Doch meine
Glieder ruh'n nicht aus: So brennen ihre Wunden.
Auch du, mein Herz, in Kampf und Sturm So wild und so verwegen, Fühlst
in der Still' erst deinen Wurm Mit heißem Stich sich regen !
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Ich träumte von bunten Blumen, So wie sie wohl blühen im Mai; Ich
träumte von grünen Wiesen, Von lustigem Vogelgeschrei.
Und als die Hähne krähten, Da ward mein Auge wach; Da war es kalt und
finster, Es schrien die Raben vom Dach.
Doch an den Fensterscheiben, Wer malte die Blätter da ? Ihr lacht wohl
über den Träumer, Der Blumen im Winter sah ?
Ich träumte von Lieb um Liebe, Von einer schönen Maid, Von Herzen und
von Küssen, Von Wonne und Seligkeit.
Und als die Hähne krähten, Da ward mein Herze wach; Nun sitz' ich hier
alleine Und denke dem Traume nach.
Die Augen schließ' ich wieder, Noch schlägt das herz so warm. Wann
grünt ihr Blätter am Fenster ? Wann halt' ich mein Liebchen im Arm ?
Wie eine trübe Wolke Durch heit're Lüfte geht, Wenn in der Tanne
Wipfel Ein mattes Lüftchen weht:
So zieh ich meine Straße Dahin mit trägem Fuß, Durch helles, frohes
Leben Einsam und ohne Gruß.
Ach, daß die Luft so ruhig ! Ach, daß die Welt so licht ! Als noch die
Stürme tobten, War ich so elend nicht.
Von der Straße her ein Posthorn klingt. Was hat es, daß es so hoch
aufspringt, Mein Herz ?
Die Post bringt keinen Brief für dich. Was drängst du denn so
wunderlich, Mein Herz ?
Nun ja, die Post kommt aus der Stadt, Wo ich ein liebes Liebchen
hat, Mein Herz !
Willst wohl einmal hinüberseh'n Und fragen, wie es dort mag geh'n, Mein
Herz ?
Der Reif hatt' einen weißen Schein Mir übers Haar gestreuet; Da glaubt'
ich schon ein Greis zu sein Und hab' mich sehr gefreuet.
Doch bald ist er hinweggetaut, Hab' wieder schwarze Haare, Daß mir's
vor meiner Jugend graut - Wie weit noch bis zur Bahre !
Vom Abendrot zum Morgenlicht Ward mancher Kopf zum Greise. Wer glaubt's
? und meiner ward es nicht Auf dieser ganzen Reise !
Eine Krähe war mit mir Aus der Stadt gezogen, Ist bis heute für und
für Um mein Haupt geflogen.
Krähe, wunderliches Tier, Willst mich nicht verlassen ? Meinst wohl,
bald als Beute hier Meinen Leib zu fassen ?
Nun, es wird nicht weit mehr geh'n An dem Wanderstabe. Krähe, laß mich
endlich seh'n Treue bis zum Grabe !
Hie und da ist an den Bäumen Manches bunte Blatt zu seh'n, Und ich
bleibe vor den Bäumen Oftmals in Gedanken steh'n.
Schaue nach dem einen Blatte, Hänge meine Hoffnung dran; Spielt der
Wind mit meinem Blatte, Zittr' ich, was ich zittern kann.
Ach, und fällt das Blatt zu Boden, Fällt mit ihm die Hoffnung ab; Fall'
ich selber mit zu Boden, Wein' auf meiner Hoffnung Grab.
Es bellen die Hunde, es rasseln die Ketten; Es schlafen die Menschen in
ihren Betten, Träumen sich manches, was sie nicht haben, Tun sich im Guten
und Argen erlaben;
Und morgen früh ist alles zerflossen. Je nun, sie haben ihr Teil
genossen Und hoffen, was sie noch übrig ließen, Doch wieder zu finden auf
ihren Kissen.
Bellt mich nur fort, ihr wachen Hunde, Laßt mich nicht ruh'n in der
Schlummerstunde ! Ich bin zu Ende mit allen Träumen. Was will ich unter
den Schläfern säumen ?
Wie hat der Sturm zerrissen Des Himmels graues Kleid ! Die Wolkenfetzen
flattern Umher im matten Streit.
Und rote Feuerflammen Zieh'n zwischen ihnen hin; Das nenn' ich einen
Morgen So recht nach meinem Sinn !
Mein Herz sieht an dem Himmel Gemalt sein eig'nes Bild - Es ist nichts
als der Winter, Der Winter kalt und wild !
Ein Licht tanzt freundlich vor mir her, Ich folg' ihm nach die Kreuz und
Quer; Ich folg' ihm gern und seh's ihm an, Daß es verlockt den
Wandersmann.
Ach ! wer wie ich so elend ist, Gibt gern sich hin der bunten List, Die
hinter Eis und Nacht und Graus, Ihm weist ein helles, warmes Haus.
Und eine liebe Seele drin. - Nur Täuschung ist für mich Gewinn !
Was vermeid' ich denn die Wege, Wo die ander'n Wand'rer geh'n, Suche
mir versteckte Stege, Durch verschneite Felsenhöh'n ?
Habe ja doch nichts begangen, Daß ich Menschen sollte scheu'n, - Welch
ein törichtes Verlangen Treibt mich in die Wüstenei'n ?
Weiser stehen auf den Straßen, Weisen auf die Städte zu. Und ich wandre
sonder Maßen Ohne Ruh' und suche Ruh'.
Einen Weiser seh' ich stehen Unverrückt vor meinem Blick; Eine Straße
muß ich gehen, Die noch keiner ging zurück.
Auf einen Totenacker Hat mich mein Weg gebracht; Allhier will ich
einkehren, Hab ich bei mir gedacht.
Ihr grünen Totenkränze Könnt wohl die Zeichen sein, Die müde Wand'rer
laden Ins kühle Wirtshaus ein.
Sind denn in diesem Hause Die Kammern all' besetzt ? Bin matt zum
Niedersinken, Bin tödlich schwer verletzt.
O unbarmherz'ge Schenke, Doch weisest du mich ab ? Nun weiter denn, nur
weiter, Mein treuer Wanderstab !
Fliegt der Schnee mir ins Gesicht, Schüttl' ich ihn herunter. Wenn mein
Herz im Busen spricht, Sing' ich hell und munter.
Höre nicht, was es mir sagt, Habe keine Ohren; Fühle nicht, was es mir
klagt, Klagen ist für Toren.
Lustig in die Welt hinein Gegen Wind und Wetter ! Will kein Gott auf
Erden sein, Sind wir selber Götter !
Drei Sonnen sah ich am Himmel steh'n, Hab' lang und fest sie
angeseh'n; Und sie auch standen da so stier, Als wollten sie nicht weg von
mir.
Ach, meine Sonnen seid ihr nicht ! Schaut ander'n doch ins Angesicht
! Ja, neulich hatt' ich auch wohl drei; Nun sind hinab die besten
zwei.
Ging nur die dritt' erst hinterdrein ! Im Dunkel wird mir wohler sein.
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