Kulturstiftung

LANDESKULTURRAT SACHSEN-ANHALT e.V.
Magdeburg, den 10.02.2003

An die Mitgliedsverbände des Landeskulturrates

Sehr verehrte Damen und sehr geehrte Herren!


Im Namen des Vorstandes möchte ich Sie von jüngst geführten Gesprächen mit den Fraktionen der CDU, SPD und POS informieren. Außerdem haben wir uns mit einem Protestschreiben an den Vorsitzenden des Ausschusses für Kultur und Medien im Landtag, Herrn Lutz Kühn, gewandt. Als eine spartenübergreifende und unabhängige Vertretung der Kunst­ und Kulturverbände in Sachsen-Anhalt haben wir nach der Kenntnisnahme, dass nach dem Vorbild Sachsens eine eigene Landeskulturstiftung durch die Regierungsparteien gegründet werden soll, sofort Verbindung zu den im Landtag vertretenen Fraktionen aufgenommen.

Von einer Entscheidung betroffen ist der in der Region lebende Künstler.
Die 1990 gegründete Stiftung für die ostdeutschen Länder sowie Ostberlin vergibt Stipendien und fördert künstlerische Projekte. Die Anteile des Kapitals (ursprünglich umgerechnet 46 Millionen Euro) richten sich nach der Einwohnerzahl der Länder. Sachsen übernahm Ende 1997 seinen Stiftungsanteil von 15 Millionen Euro. Der Freistaat stockte noch einmal mit 15 Millionen Euro auf. Sachsen-Anhalt würden bei einem Austritt aus der Solidargemeinschaft schätzungsweise ca. 8 Millionen Euro zur Verfügung stehen. Eine Aufstockung durch landeseigene Finanzen scheint eher unwahrscheinlich zu sein.
Aus der Sicht der Vorstandsmitglieder des Landeskulturrates tastet die Landesregierung, getrieben durch Sparzwänge, Staatsziele, die in der Landesverfassung vom 25. Juni 1992 (Dritter Abschnitt, Artikel 36) mit "Schutz und Förderung" von Kunst, Kultur und Sport benannt sind, an. Außerdem würde durch ein solches Vorgehen, der Solidargemeinschaft der Boden entzogen.

Die zwei Künstlerhäuser "Ahrenshoop" und "Wiepersdorf" bieten jährlich etwa 120 Künstlern einen Studienaufenthalt an. Der Unterhalt für beide Häuser kostet 1,1 Mill. Euro im Jahr. Sachsen­Anhalt erhielt jährlich etwa bis 400 000 Euro zur Verfügung. Bei einem Ausstieg ist eine Bindung der Mittel an allein künstlerische Projekte nicht abgesichert. "Dass innerhalb einer gut funktionierenden Solidargemeinschaft durch Eigennutz der Wert von Kreativität für neue künstlerische Projekte nicht geachtet bzw. ignoriert werden kann, fördert nicht, im Gegenteil, es zerstört Grundfeste bereits etablierter Mindestversorgung in einer ohnehin schwierigen Situation innerhalb der zeitgenössischen Kunst nach der Wende. Es ist zu befürchten, dass hier Dimensionen erreicht werden, die in Resignation münden. In dieser Situation missbilligt der Landeskulturrat die Art des Vorgehens, aber auch die Intentionen, da weder eine solide Förderung noch ein notwendiger Schutz von Grundwerten neu zu entstehender Kunst (Stipendien, Förderung auch länderübergreifender Projekte) zu sehen ist. Kunst- und Kulturwillige, auch im Ehrenamt, werden geschwächt.

Eine «effizientere» Kunst- und Kulturförderung wäre wünschenswert. Wir hoffen noch auf entsprechende Einsichten. Das Vorgehen der Landesregierung stellt sich allerdings als wenig verheißungsvoll dar. Deshalb protestieren wir hiermit auf das Schärfste." (Zitat aus unserem Protestschreiben)

Nach den o.g. Gesprächen mit den Landesfraktionen, bei denen das Thema "Kulturstiftung" dominierte, ist der Vorstand zu dem Entschluss gekommen, den Mitgliedsverbänden des Landeskulturrates folgende Empfehlung nahe zu legen:

"Die Mitgliedsverbände des Landeskulturrates des Landes Sachsen­Anhalt halten einen Austritt aus der bisherigen Kulturstiftung zum Zwecke der Bildung einer Landesstiftung für falsch.
Eine Landesstiftung würde bei dem geringen Stiftungskapital , das zufallen würde, die Förderung zeitgenössischen Kunstschaffens nicht nur wesentlich verringern, sie würde auch die Solidargemeinschaft der in der Stiftung vereinten Länder insgesamt zum Erliegen bringen. Es ergeht daher die dringende Bitte an die Landesregierung und dem Landtag von Sachsen-Anhalt, ein solches Vorhaben noch einmal gründlich im Interesse der betroffenen Kunstschaffenden und Kunstinteressierten des Landes Sachsen-Anhalt zu prüfen."

Es grüßt Sie freundlich
Klaus-Dieter Kopf - 1. Vorsitzender


CDU-Fraktion