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Tobias Wellemeyer

TOBIAS WELLEMEYER
Generalintendant

Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer, liebe Theaterfreunde,

»wie im himmel« – so heißt unsere neue Spielzeit. Weil man ihn so gut sehen und so schlecht erreichen kann, war der Himmel immer schon ein vieldiskutiertes Gebiet. Unbestritten ist der Himmel die Heimat der Engel, die ihn auf langen Leitern betreten und verlassen können. Als ein enormes verheißungsvolles Harmonium aus Klängen und Licht wird der Himmel in einem allerdings nicht lokalisierbaren Sinne auch von Seligen und Erlösten, von Tieren und Wesen und freilich den göttlichen Herrschern selbst bewohnt. Er birgt als ein zeitloser Fundus des Glücks unerschöpfliche Geheimnisse und Energievorräte: vorgestellt als gläsernes Meer, dem die Weltströme entspringen und das den Lebensbrunnen speist; als Gewölbe, über dem, im Verborgenen, der Gott Jahwe wohnt und sich von dort nur ausnahmsweise entfernt, zum Beispiel, um den Turmbau zu Babel anzuschauen oder um Mose die zehn Gebote zu übergeben, durch Schleusen und Tore spendet er je nach Verdienst Wohlwollen oder Strafe; als »Sphäre«, ein zwiebelhafter Mehrschalenhimmel, auf dessen Rundung, nachgebildet in der Kirchenkuppel, sich Theaterszenen abspielen; bei den Christen später als himmlische Gegenstadt, in deren Zentrum das Lamm Gottes thront, das alle Gier, allen Tod und alle Falschheit aus der Welt verbannt hat, eine Stadt, in der alles verwirklicht werden kann, was in der realen Welt nicht verwirklichbar ist, vorgehalten, um einst als neue Welt herabzufahren; in der arabischen Überlieferung als paradiesischer Garten, von Wein- und Honigbächen durchzogen, ausgestattet mit Teppichen und kostbaren Sesseln und schönen Frauen und Knaben, die Früchte und Geflügel servieren. Als Himmelsdach ist der Himmel ein Tuch, auf das die Alten ein Auge malten – das Auge Gottes –, um der unerschütterlichen Gewißheit Ausdruck zu verleihen, daß jeder noch so kleine Mensch letztlich ein Gesehener ist. In Menschengestalt tritt er uns entgegen in Reisenden des Himmels – erkenntlich an der Mandorla oder der Aureole, dem Strahlenkranz –, sie sind das Ensemble des Himmels.
Sie kommen zu uns mit Botschaften oder einfach, um darauf zu achten, daß wir auf dem Weg in den Himmel nicht verlorengehen. Auf unserem Weg zur Himmelspforte, an der der Taugenichts Liliom zurückgeschickt wird, um sein Leben noch einmal zu beginnen – sein Weg zurück führt ihn ins Theater.
Alle Bewohner des Himmels werden uns bitte verzeihen, wenn wir Theaterleute uns den Himmel ganz einfach als eine Art Theater vorstellen, weil es einen glücklicher machenden Ort für uns nicht gibt.
Mit seinem Horizont, den Gassen, dem Schnürboden, der Versenkung, den Probensälen und den Magazinen, in denen nachts die Instrumente, Kulissen, Kostüme und Requisiten auf ihren nächsten Auftritt warten; den Büros, Zimmern und Lesesälen, in denen die Bücher und Noten, das ganze Repertoire der alten und neuen Theaterzeiten bereitstehen – und den Garderoben, in denen Schauspieler, Tänzer und Sänger, Musiker und all die unsichtbaren Mitspieler eher zuhause sind als arbeiten. Als einen Ort des interessierten Kontaktes und der freundlichen Begegnung zwischen den Agierenden und den Gästen, sehr menschengemacht, sehr heiter und ganz unmittelbar, in dem man in großer Gemeinschaft ganz bei sich selbst sein kann – und wo wir die Welt noch einmal ganz von vorn und neu zusammensetzen können. Außerhalb der gewöhnlichen Zeit, in einer Traumzeit, die das Vor und Zurück befreit, einem Zeittunnel, einer »Maschine der Freiheit«. Hier hinein tragen wir Fundstücke, Verhältnisse, Beziehungen, die wir »draußen« aufgelesen haben – um die Menschen zu ermutigen, sich als komplexer zu begreifen als eine bloße Verbraucherideologie ihnen suggerieren möchte. Als homo oeconomicus lebt der Mensch vom Brot allein. In unseren Geschichten möchten wir ihm einen anderen Reichtum zubilligen; hier soll er als Held vorkommen, ein Gesehener sein. In unseren Geschichten lebt er von seinen Glückshorizonten, seinen Dämonen, von Gott und dem Himmel – wie Tannhäuser, wie der Ritter von Strahl und sein Käthchen von Heilbronn, wie Liliom.

Wir freuen uns auf unsere neuen Mitstreiter: auf Francesco Corti, der aus Kaiserslautern kommend die Generalmusikdirektion und die Leitung der magdeburgischen philharmonie übernehmen wird. Auf Gonzalo Galguera, unseren neuen Ballettdirektor und Chefchoreografen. Und auf alle unsere neuen Ensemblekünstler, die uns verstärken und bereichern werden.

Über dreißig neue Stücke, Musiktheateraufführungen und Ballette und ein reiches Spektrum an Konzerten erwarten Sie in unserer Spielzeit 2006/2007. Dreißig Versuche, auf dem Theater von Erde und Himmel zu erzählen, ein reiches Menschenbild zu zeichnen, zu Gemeinsinn zu ermutigen, die endlose Selbstbezogenheit der ökonomischen Debatte in einem leeren Diesseits zu kontern mit einem Diskurs, der eine soziale Perspektive einführt. Einem Diskurs, der den Hunger nach Transzendenz akzeptiert und das Jenseits im Ungefähren beläßt.

Bitte besuchen Sie uns, und begleiten Sie unsere Suche so liebevoll und interessiert wie bisher!

Ihr Tobias Wellemeyer

Dr. Rüdiger Koch Ganzalo Galguera