LDZ Nr. 213 vom 11. September 1959

Ein hervorragender Solist und ausgezeichneter Lehrer
Prof. Otto Kobin wirkt seit 40 Jahren in Magdeburg

Vierzig Jahre sind es jetzt her, seit Prof. Otto Kobin in Magdeburg seine Tätigkeit als 1. Konzertmeister des Städt. Orchesters begann. Das Jubiläum ist für die Mullstadt Magdeburg von besonderer Bedeutung, weil sich mit der Berufung Kobins eine neue Entwicklung anbahnte und ein starker Auftrieb im Musikleben spürbar wurde.
Otto Kobin entstammt einer Familie, in der die musikalische Begabung schon seit Generationen hervorgetreten ist, die sich nicht zuletzt darin dokumentiert, dass der Vater Kobins ebenfalls als Konzertmeister 46 Jahre lang in  Plauen höchst erfolgreich wirkte. So offenbarte sich bei dem 1895 in Plauen geborener jungen Kobin das musikalische Talent schon so früh, dass er bereits mit 10 Jahren sein geigerisches Können im Konzertsaal zeigen konnte, übrigens zusammen mit der ebenfalls musikalisch hochbegabten Schwester am Klavier. In schneller Entwicklung schritt, vom Vater sorgsam betreut, sein Können voran, so dass der kaum Achtzehnjährige den Posten eines Konzertmeisters in Königsberg und danach in Altenburg übernehmen konnte. Als er dann 1919 als Nachfolger von KM Koch nach Magdeburg berufen wurde, zeigte sich bald, was die Stadt an ihm gewonnen hatte. Wie sich sein Künstlertum im Orchester segensreich auswirkte, so setzte durch seine Initiative vor allem eine vielseitige Belebung auf kammermusikalischem Gebiete ein. So übernahm Kobin die Führung im Tonkünstlerverein, vereinigte sich mit Otto Volkmann und dem Cellisten Fritz Bühling zum so genannten Volkmann-Trio und gründete sein „Kobin Quartett“, das nun seit Jahrzehnten, wenn auch in wechselnder Zusammensetzung, den Kernpunkt der Magdeburger Kammermusikpflege bildet. In enger Zusammenarbeit mit den jeweiligen musikalischen Oberleitern,  GMD Böhlke, Charlier und seit 1951 Gottfried Schwiers, wurde den hiesigen Musikfreunden die Kammermusik in ihren mannigfaltigsten Gebieten und allen Epochen zugänglich gemacht.
Besondere Höhepunkte seiner künstlerischen Tätigkeit waren natürlich die Sinfoniekonzerte, in denen er als Solist auftrat und unter solchen prominenten Dirigenten wie Prof. Ernst Wendel (Bremen), Bruno Walter, Hermann Scherchen, Hermann Abendroth Konzerte von Beethoven, Brahms oder anderen Meistern spielte. Es gibt wohl kaum einen großen Dirigenten der letzten 40 Jahre, der bei solcher Gelegenheit hier Otto Kobin nicht kennen oder schätzen gelernt hätte. Eine bemerkenswerte Veranstaltung muss erwähnt werden. Es war das erste der beiden Monstrenkonzerte in der Stadthalle vor mehr als 30 Jahren, als unter Abendroth ein aus Musikern der großen Nachbarstädte und des hiesigen Städtischen Orchesters zusammengesetzter Klangkörper von 300 Musikern u.a. die Tondichtung „Ein Heldenleben" von Richard Strauß zu Gehör brachte, in der Otto Kobin das große Violinsolo spielte. Neben ihm am ersten Pult saß dabei sein Vater.
Sehr erfolgreich war Kobin auch als Lehrer. Groß ist die Zahl der Geiger, die aus seiner Schule hervorgingen und sich nicht nur als Orchestermusiker, sondern auch als Solisten einen geachteten Namen erwerben konnten. Erwähnt sei hierbei der junge Gerhart Hetzel, mit dem er zusammen anlässlich der Bachfeier im Juli 1950 das Doppelkonzert spielte. Seine Lehrtätigkeit an der Hochschule für Musik in Halle brachte ihm 1951 den Professorentitel ein.
Frei von jeder Einseitigkeit hat Prof. Kobin sich stets für die Musik aller Richtungen eingesetzt, fühlt er sich ebenso berufen, Mittler der Kunst Bachs, wie der Beethovens, Mozarts, Schumanns und Brahms' zu sein, war er immer bemüht, auch dem Schaffen neuzeitlicher Meister gebührende Geltung zu verschaffen. Dass er Richard Strauß leidenschaftlich liebt, hindert ihn nicht, sich mit aller Energie für den oft zu Unrecht vernachlässigten Max Reger einzusetzen, vor allem wandte er seine Liebe auch Ravel, Hindemith und Strawinsky zu. Seit Jahr und Tag beschäftigt ihn aber ein Hauptanliegen. Er versucht, G. Ph. Telemann in seiner Vaterstadt die ihm zukommende Geltung und Beachtung zu verschaffen, ein Bemühen, dessen Verwirklichung jetzt in greifbare Nähe gerückt zu sein scheint. Wir wünschen dem Jubilar, der seit seinem Ausscheiden aus dem Städt. Orchester zu dessen Ehrenmitglied ernannt ist, für die vielen Aufgaben, die er sich selbst noch gestellt hat, Kraft, Gesundheit, und glückliches Vollbringen!

O. Bretthauer

 zurück