Vierzig Jahre
sind es jetzt her, seit Prof. Otto Kobin in Magdeburg seine Tätigkeit als 1.
Konzertmeister des Städt. Orchesters begann. Das Jubiläum ist für die Mullstadt
Magdeburg von besonderer Bedeutung, weil sich mit der Berufung Kobins eine neue
Entwicklung anbahnte und ein starker Auftrieb im Musikleben spürbar wurde. Otto Kobin
entstammt einer Familie, in der die musikalische Begabung schon seit
Generationen hervorgetreten ist, die sich nicht zuletzt darin dokumentiert,
dass der Vater Kobins ebenfalls als Konzertmeister 46 Jahre lang in Plauen höchst erfolgreich wirkte. So offenbarte
sich bei dem 1895 in Plauen geborener jungen Kobin das musikalische Talent
schon so früh, dass er bereits mit 10 Jahren sein geigerisches Können im
Konzertsaal zeigen konnte, übrigens zusammen mit der ebenfalls musikalisch
hochbegabten Schwester am Klavier. In schneller Entwicklung schritt, vom Vater
sorgsam betreut, sein Können voran, so dass der kaum Achtzehnjährige den Posten
eines Konzertmeisters in Königsberg und danach in Altenburg übernehmen konnte.
Als er dann 1919 als Nachfolger von KM Koch nach Magdeburg berufen wurde,
zeigte sich bald, was die Stadt an ihm gewonnen hatte. Wie sich sein
Künstlertum im Orchester segensreich auswirkte, so setzte durch seine
Initiative vor allem eine vielseitige Belebung auf kammermusikalischem Gebiete
ein. So übernahm Kobin die Führung im Tonkünstlerverein, vereinigte sich mit
Otto Volkmann und dem Cellisten Fritz Bühling zum so genannten Volkmann-Trio
und gründete sein „Kobin Quartett“, das nun seit Jahrzehnten, wenn auch in
wechselnder Zusammensetzung, den Kernpunkt der Magdeburger Kammermusikpflege
bildet. In enger Zusammenarbeit mit den jeweiligen musikalischen Oberleitern, GMD Böhlke, Charlier und seit 1951 Gottfried
Schwiers, wurde den hiesigen Musikfreunden die Kammermusik in ihren
mannigfaltigsten Gebieten und allen Epochen zugänglich gemacht. Besondere
Höhepunkte seiner künstlerischen Tätigkeit waren natürlich die Sinfoniekonzerte,
in denen er als Solist auftrat und unter solchen prominenten Dirigenten wie
Prof. Ernst Wendel (Bremen), Bruno Walter, Hermann Scherchen, Hermann Abendroth
Konzerte von Beethoven, Brahms oder anderen Meistern spielte. Es gibt wohl kaum
einen großen Dirigenten der letzten 40 Jahre, der bei solcher Gelegenheit hier
Otto Kobin nicht kennen oder schätzen gelernt hätte. Eine bemerkenswerte
Veranstaltung muss erwähnt werden. Es war das erste der beiden Monstrenkonzerte
in der Stadthalle vor mehr als 30 Jahren, als unter Abendroth ein aus Musikern
der großen Nachbarstädte und des hiesigen Städtischen Orchesters
zusammengesetzter Klangkörper von 300 Musikern u.a. die Tondichtung „Ein
Heldenleben" von Richard Strauß zu Gehör brachte, in der Otto Kobin das
große Violinsolo spielte. Neben ihm am ersten Pult saß dabei sein Vater. Sehr
erfolgreich war Kobin auch als Lehrer. Groß ist die Zahl der Geiger, die aus
seiner Schule hervorgingen und sich nicht nur als Orchestermusiker, sondern
auch als Solisten einen geachteten Namen erwerben konnten. Erwähnt sei hierbei
der junge Gerhart Hetzel, mit dem er zusammen anlässlich der Bachfeier im Juli
1950 das Doppelkonzert spielte. Seine Lehrtätigkeit an der Hochschule für Musik
in Halle brachte ihm 1951 den Professorentitel ein. Frei von
jeder Einseitigkeit hat Prof. Kobin sich stets für die Musik aller Richtungen
eingesetzt, fühlt er sich ebenso berufen, Mittler der Kunst Bachs, wie der
Beethovens, Mozarts, Schumanns und Brahms' zu sein, war er immer bemüht, auch
dem Schaffen neuzeitlicher Meister gebührende Geltung zu verschaffen. Dass er
Richard Strauß leidenschaftlich liebt, hindert ihn nicht, sich mit aller
Energie für den oft zu Unrecht vernachlässigten Max Reger einzusetzen, vor
allem wandte er seine Liebe auch Ravel, Hindemith und Strawinsky zu. Seit Jahr
und Tag beschäftigt ihn aber ein Hauptanliegen. Er versucht, G. Ph. Telemann in
seiner Vaterstadt die ihm zukommende Geltung und Beachtung zu verschaffen, ein
Bemühen, dessen Verwirklichung jetzt in greifbare Nähe gerückt zu sein scheint.
Wir wünschen dem Jubilar, der seit seinem Ausscheiden aus dem Städt. Orchester
zu dessen Ehrenmitglied ernannt ist, für die vielen Aufgaben, die er sich
selbst noch gestellt hat, Kraft, Gesundheit, und glückliches Vollbringen!
O. Bretthauer
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