Das Kulturportal kukma.net besuchte die Uraufführung des Liederzyklus "Musenhauptstadt" in der "Kulturscheune Olvenstedt"


 

Johann Stephan Schütze

geb. 1. November 1771

in Olvenstedt

gest. 20. März 1839 in Weimar

 

Die Musenhauptstadt

 

Selbst wollt ich sehn,

die Feder preist,

Nur eig’nen Augen trauen, -

Die Residenz für Witz und Geist,

Die uns der Musen Hauptstadt heißt,

Wie ward mir, sie zu schauen!

 

 

In schönen Häusern hat sich da

Die Baukunst frei ergangen;

In Bildwerk, Stein und Eisen sah

Ich dort, was Großes einst geschah,

Hochher auf Plätzen prangen.

 

Und jetzt – vor einem Prunkpalast

Stellt mich – kein eitler Prahler –

Mein Führer stolz und lehrt den Gast:

Dies Haus, ein Kunstwerk selber fast,

Für Künstler ist’s und Mahler.

 

Von Kirchen macht er kein Geschrei;

Durch Straßen, immer länger,

Trieb er mich fort – da hob sich neu

Ein and’res Werk: dies Prachtgebäu

Ist für Musik und Sänger.

So noch viele Wunder zeigt’ er mir,

Zum Nutzen bald und bald zur Zier,

Und rühmte: keine Kunst, die hier

Nicht ihren Tempel hätte!

 

 

Auch Säle, wie zum Künstlerschmaus

Alljährlich sei vonnöten –

O wunderherrlich! rief ich aus,

Doch – Freund, wo bleibt das Pflegehaus,

Die Stiftung für Poeten?

 

Da zog er still mit O und Ach

Durch Wagen, viel Getümmel,

Zu einem Platz mich ängstlich nach

Und – über eines Hauses Dach

Wies seine Hand gen Himmel.

Erst dacht ich, das Theater sey

Gemeint in grauer Ferne,

Allein der Finger, hoch und frei,

Ging einen ganzen Zoll vorbei

Und – gradaus in die Sterne.

 

Ja, hört, so ist es dort bestellt:

Die Stadt, der Welt gepriesen,

Nährt, was an Aug’ und Ohr sich hält,

Doch wer auf’s Dichten hier verfällt,

Ist – an die Luft verwiesen.

 

Dem Flieder hat das Glück gelacht,

Der Pinsel ist geborgen,

Doch an Poeten hat die Pracht

Der Musenhauptstadt nicht gedacht!

Und Gott muß für sie sorgen.


Komposition Reinhard Seehafer (Magdeburg) nach Gedichten von Johann Stephan Schütze (1771 - 1839)